Im Herbst 2021 hatte ich Gelegenheit, mit mopedreifen.de einige der Tourensport Neuerscheinungen für 2022 zu fahren.
Wie so oft gab es eine Basis in Katalonien, von der aus die immer gleichen, allerdings schönen und teilweise auch anspruchsvollen Strecken gefahren wurden. Wie immer war auch eine Kartbahn in der Nähe in der man Handling, schnelle Richtungswechsel, Aufstellmoment beim Bremsen und diverse andere Eigenschaften mit wesentlich weniger Risiko ausprobieren konnte, als im öffentlichen Verkehrsraum.
Mit dabei waren der Michelin Road 6
der Continental Road Attack 4
Profiltiefe Hinten in der Mitte 6,8 mm
am Rand 4,2 mmProfiltiefe vorne in der Mitte 4,6 mm
an der Flanke 3,9 mm
und der Dunlop Roadsmart 4
Profiltiefe Hinten in der Mitte 6,2 mm
an der Flanke 5,6 mmProfiltiefe vorne in der Mitte 4,1 mm
an der Flanke auch 4,1 mm
Damit aber noch nicht genug, alle Reifen mussten auch noch gegen ihre Vorgänger antreten, bei Michelin der Road 6 gegen den Road 5, bei Continental der Road Attack 4 gegen den Road Attack 3 und bei Dunlop der Roadsmart 4 gegen den Roadsmart 3.
Für den „Vorgängerreifen“ war dann immer die ein und dieselbe Triumph Speed Triple 1200 RS reserviert, so dass die Motorräder mit den Neuerscheinungen alle Testkilometer mitnehmen konnten.
Abends wurde dann ummontiert ….
Am ersten Tag war erstmal einfahren der neuen Reifen und Erkunden der Umgebung angesagt, also fuhren wir locker vom Ebro-Delta bis in die nahen Hügel und Berge, teilweise mussten Flüsse überquert werden.
Am ersten Tag war also noch alles easy für die Reifen, erst nach 180 km wurde das Tempo etwas angezogen, allerdings immer noch alles im vernünftigen Landstraßentempo. Natürlich konnte man da noch nichts weltbewegendes oder grundsätzlich entscheidendes sagen, die allerersten Tendenzen wurden aber schon bemerkbar. Der Michelin Road 6 fuhr sich sehr behende und agil, richtig leichtfüßig, der Conti Roadattack4 vermittelte sofort ein deutliches Vertrauen und der Dunlop lag mit den Eigenschaften so dazwischen, eher unauffällig und neutral.
Ab dem zweiten Tag mussten die Pellen dann aber Farbe bekennen, das Tempo war deutlich höher und orientierte sich schon manchmal an der Landschaft und dem Machbaren. Da begannen sich die Reifen deutlich zu unterscheiden. Während der Conti nach wie vor stoisch seine Bahn zog, musste der Michelin seiner Handlichkeit Tribut zollen. Die Rückmeldung des Reifens wurde geringer, das Vorderrad gab nicht mehr so präzise die Spur vor und das Vertrauen in den Reifen nahm ab. Der Dunlop wieder mitten drin.
Die Gegend ist schon wunderschön
Kurven satt … und natürlich wurden die Motorräder immer wieder gewechselt.
Abends gab’s gescheit zu essen und natürlich jede Menge Gespräche, insbesondere, als wir dann auch die Vorgänger im Vergleich hatten.
Es wurde nicht nur geschlemmt und „gelandschaftet“ es wurden auch ganz gezielt die Reifen-Eigenschaften getestet. Ich stell mal ein Bild von einem Testbogen ein, bei Verschleißfahrten auf der Autobahn steht da nicht viel drauf, aber man sieht die Kategorien die bewertet werden und von diesen Bogen hab ich gefühlt zwölfzig am Tag ausgefüllt
Besonders deutlich wurden die Unterschiede natürlich auf der Kartbahn , hier mal ein paar Bilder davon
Luftbild aus Google Eigenes Bild von hinterm Zaun aus aufgenommen
Daten werden erhoben und protokolliert Die Kartbahn hatten wir exklusiv
Nach den Bildern komme ich dann auch zu meinen Eindrücken der Reifen:
Der Michelin Road 6
Der Michelin ist sehr handlich und präzise bei Landstraßentempo. Fängt man an zu „ballern“ lässt er Federn im Vergleich zu den anderen Neuerscheinungen, sogar gegenüber dem eigenen Vorgänger. Das Vorderrad welches eigentlich eine sehr ordentliche Eigendämpfung hat und auf den Punkt einlenkt, wird auf einmal „gefühllos“ die Rückmeldung und damit das Vertrauen leiden. Aus meiner Sicht hat Michelin den 6er zu deutlich in sein Reifenportfolio einsortiert, mit dem Power GP gibt es nämlich aus dem gleichen Hause einen Sportreifen, der auch auf der Landstraße in dieser Reifengröße nicht zum Abreißen lassen zwingt. Wer aber Führerschein und Gesundheit oben auf der Liste hat und gerne flott um die Ecken laufen lässt, ist mit dem Road 6 gut bedient. Wer auf Michelin steht und Geschwindigkeitsregeln situativ bewertet, sollte im Sport-Regal suchen, da wird man auch fündig.
Beim Testende nach 1502 km hatte der Michelin Road 6 ein Restprofil hinten in der
Mitte von 5,2 mm, an der Flanke 4,9 und Vorne in der Mitte 4,6 und an der Flanke 4,0 mm
Der Continental Road Attack 4
Also, ein Handlingwunder ist der CRA4 immer noch nicht, aber er hat sich gegenüber dem CRA3 merkbar zu seinen Gunsten weiterentwickelt. Was mich aber sehr beeindruckt hat, ist die deutliche Rückmeldung von Vorder- und Hinterrad, man fühlt sich immer gut aufgehoben und sicher, die Eigendämpfung ist klasse. Bei diesem Test mein Favorit. Egal was man auf dem Motorrad veranstaltet, der Conti vermittelt Vertrauen, entsprechend gelassen lässt man’s auch mal schräg werden. Auf der Kartbahn haben wir nicht nur Gas gegeben und die Knieschleifer bissl für die Optik auf die Fahrbahn abgelassen, sondern auch das Kurven-ABS der Speedy mal regeln lassen oder vor dem Einlenken mal wie bei einer Schreckbremsung voll den Anker geworfen und so wie man es früher mal gelernt hat, die Bremse wieder aufgemacht. Das führt dazu, dass die geplante Linie futsch ist. Das Motorrad taucht vorne ein, die Fahrwerks-Geometrie verändert sich und irgendwann kommt das Möpp wieder hoch und soll auf einmal noch Lenkkräfte übertragen um auf der Straße zu bleiben.
Da war der Conti der überzeugendste, der verzeiht (in dem Fall provozierte) Fahrfehler am ehesten. Der Hersteller will auch ein neues Segment aufmachen, aus dem Tourensportreifen wird mit dem CRA4 ein Hyper-Touring-Reifen, na ja, Namensspielchen auch wenn er zugegebenermaßen mit seinen Eigenschaften schon sehr sportlich ist. Wo der Unterschied zu Hyper ist, erschließt sich mir jetzt nicht auf den ersten Blick. Er ist meiner Meinung nach eine deutliche Weiterentwicklung zu seinem Vorgänger.
Profiltiefe bei Testende war Hinten in der Mitte 5,5 mm, an der Flanke 4,0 mm
Vorne in der Mitte 4,5 mm, an der Flanke 3,3 mm
Der Dunlop Roadsmart 4
Der Dunlop Roadsmart 4 war immer so die verbindende Brücke zwischen dem präzisen Landstraßenreifen Michelin Road 6 und dem sehr sportlichen CRA4. Der Roadsmart 4 ist ebenfalls eine deutliche Weiterentwicklung zu seinem Vorgänger. Der Roadsmart 3 war jetzt nicht schlecht, aber im Vergleich mit seinen Wettbewerbern auch eher dabei als vorne. Der 4er schließt jetzt zum Michelin Road 5 und dem Conti Road Attack 3 auf. Und genau so wie diese beiden fährt er sich auch. Wir hatten ja den direkten Vergleich mit DRS4 und MR5, nur vom Fahrverhalten her kaum zu unterscheiden. Beide lenken präzise ein, haben ordentliche Eigendämpfung, der Dunlop ein deutlicheres Aufstellmoment beim Bremsen und führen schön durch Kurven. Die Handlichkeit und das Leichtfüßige des Michelin Road 6 erreichen alle drei nicht, das extreme Vertrauen und die tolle Eigendämpfung des CRA4 auch nicht. Es sind aber gute Reifen, die man bedenkenlos fahren kann.
Die Profiltiefe beim Testende beim DRS4 war Hinten in der Mitte 5,3 mm und an der Flanke 4,7 mm, beim Vorderrad in der Mitte 3,8 mm und an der Flanke 3,6 mm.
Fazit
Der Conti ist der sportlichste und der Reifen, der am meisten Vertrauen vermittelt. Bei Fahrfehlern ist er als erster wieder „auf Spur“.
Der Michelin ist der handlichste, für Vorsatztaten eignen sich seine großen Brüder vom gleichen Hersteller besser. Für genussvolles Landstraßenfahren aber eine Empfehlung.
Der Dunlop RS4 ist nur auf den ersten Blick die goldene Mitte, er hat in den Eigenschaften mit Michelin Road 5 und Conti RoadAttack 3 gleichgezogen. Er ist handlicher als der Conti und nicht so empfindlich bei höheren Geschwindigkeiten wie der Michelin.
Insofern sollte also jeder den persönlichen Wohlfühlreifen finden können, die Laufleistungen der Reifen würde ich auf der Speedy als vergleichbar ansehen, auf einer Yamaha MT07 sieht das möglicherweise nicht anders aus. Ähnlicher Fahrstil mal angenommen.